-- WEBONDISK OK --

09007 Wärmerückgewinnung, Wärmepumpen und ihre Kombination zur Erreichung der industriellen Dekarbonisierungsziele

Die Rückgewinnung von industrieller Abwärme aus Niedertemperaturabgasen, wie sie typischerweise in der Lebensmittel-, Getränke-, Papier-, Pharma- und anderen Industrien anfallen, bietet eine große Chance, erhebliche Kosteneinsparungen zu erzielen und die CO2-Emissionen zu verringern.
In diesem Beitrag werden bekannte und bewährte Wärmerückgewinnungstechnologien untersucht, die in Kombination mit Hochtemperatur-Wärmepumpen das Maximum an rückgewinnbarer Wärme aus Prozessabgasen herausholen, um die zurückgewonnene Wärme auf eine Temperatur anzuheben, die von den Anlagenprozessen verbraucht werden kann.
Anhand eines realen Kostenbeispiels wird aufgezeigt, wie sich die Differenz zwischen Gas- und Strompreisen sowie die Kohlenstoffintensität des Netzes auf diese Projekte auswirken. In der Analyse wird eine zweistufige Wärmepumpe mit einer Abwärmerückgewinnung in Kombination mit einer Wärmepumpe verglichen, um die Auswirkungen auf die CAPEX- und OPEX-Kosten zu untersuchen.
Ansprechpartner Autoren für DeutschlandHerr Hamed ScheivanieMobil: +49.1577.2992403hamed.scheivanie@thermalenergy.com
von:

1 Einführung – Wärmerückgewinnung

Die Rückgewinnung und Wiederverwendung von Abwärme war noch nie so wichtig wie heute, da wirtschaftlicher, politischer und sozialer Druck das Streben nach einer effizienteren Energienutzung als kosteneffiziente Triebkraft zur Erreichung der Kohlenstoffreduktionsziele verstärkt. Beim Klimagipfel COP26 im Jahr 2021 haben sich 156 Länder, die 90 % der weltweiten Emissionen verursachen, dazu verpflichtet, ihre CO2-Emissionen weiter zu verringern. Wichtig ist, dass diese Verpflichtungen einen Weg ermöglichen, die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen und die schlimmsten prognostizierten Folgen des Klimawandels zu vermeiden [1].
Paradigmenwechsel
In den letzten 12 Monaten kamen mehrere globale und regionale Ereignisse zusammen, die zu einem Anstieg der europäischen Erdgaskosten um mehr als 400 % geführt haben [2]. Dieser beispiellose Anstieg der Brennstoffkosten hat zu einem Paradigmenwechsel bei der Art und dem Umfang von Abwärmenutzungsprojekten geführt.
Der Krieg in der Ukraine hat Europa dazu genötigt, auf die Verwendung von russischem Gas zu verzichten. Die Europäische Kommission hat sich verpflichtet, „der Notwendigkeit von Energieeinsparungen neuen Schwung zu verleihen, um sicherzustellen, dass die Europäische Union so bald wie möglich von russischen Importen fossiler Brennstoffe unabhängig wird”. [3]
Einsparpotenzial
Angesichts der Tatsache, dass die Nutzung von Wärme 50 % des weltweiten Energieverbrauchs ausmacht und davon wiederum 51 % auf industrielle Prozesse entfallen [4], ist die thermische Energieeffizienz in der Industrie von entscheidender Bedeutung für das Erreichen der genannten Einsparziele. Das Gesamtpotenzial für die Rückgewinnung von industrieller Abwärme in Europa wird auf 300 TWh/Jahr geschätzt [5]. Dabei wird die Menge der Abwärme unter 100 °C weitgehend außer Acht gelassen, da es schwierig ist, eine sinnvolle Senke für sie zu finden. Die erzielbare Wärmerückgewinnung dürfte daher um ein Vielfaches höher liegen, wenn die im Folgenden erörterten kondensierenden Technologien angewandt werden.
Abwärme niedriger und mittlerer Qualität
In diesem Beitrag werden die auf dem Markt verfügbaren Wärmerückgewinnungstechnologien beschrieben, ferner erfolgt eine Einordnung und Bewertung der verfügbaren Wärmequellen und Senken, anhand derer die zurückgewonnene Wärme genutzt werden kann. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Abwärme niedriger und mittlerer Qualität, wie sie typischerweise in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, der pharmazeutischen Industrie, der Papierindustrie und anderen Branchen anfällt. Um die Wärmerückgewinnung zu maximieren, ist die Kondensation der feuchten Abgase aus Verbrennungs- und Trocknungsprozessen der entscheidende Faktor.
Kopplung mit Wärmepumpe
Grundsätzlich ist die direkte Nutzung von Abwärme immer vorzuziehen. Es gibt aber viele Industriestandorte, an denen die rückgewinnbare Wärme die Wärmemenge übersteigt, die der Prozess bei der Temperatur nutzen kann, bei der die Abwärme zur Verfügung steht. Hier kann die Wärmerückgewinnung mit einer neuartigen Hochtemperatur-Wärmepumpe gekoppelt werden, die elektrische Energie nutzt, um die Temperatur der rückgewonnenen Wärme effizient auf ein für die Anlage nutzbares Niveau anzuheben.
Auch die verfügbaren Wärmepumpentechnologien werden im Folgenden vorgestellt. Anhand von Beispielen aus der Praxis werden die wirtschaftlichen und kohlenstoffreduzierenden Vorteile in verschiedenen Märkten aufgezeigt.
Dampfkessel und industrielle Trockner
Dampfkessel sind für 30 % [6] des Energieverbrauchs in der Produktion verantwortlich und wandeln in der Regel fossile Brennstoffe in latente Energie um, die dann im gesamten Werk verteilt und genutzt wird. Nicht optimierte Dampfsysteme führen dazu, dass fast die Hälfte der verfügbaren Energie als Abwärme verloren geht. Industrielle Trockner sind ein weiteres Beispiel für die industrielle Nutzung von Wärme niedriger und mittlerer Qualität, bei der 60 bis 80 % der eingesetzten Energie im Abgas in Form von latenter Energie verfügbar ist.
Abb. 1: Energieverbrauch von Dampfkesseln [7]
Das Sankey-Diagramm in Abbildung 1 stellt typische nicht optimierte Systeme dar. Daher werden seit langem Projekte zur Verringerung und Rückgewinnung dieser Verluste durchgeführt, wenn die Rentabilität der Investition den wirtschaftlichen Anforderungen entspricht. Der jüngste erhebliche Anstieg der Brennstoffkosten hat den Umfang und die Auswirkungen von Projekten, die diese Anforderungen erfüllen, drastisch erhöht.
Finanzielle Anreize
Weitere finanzielle Anreize werden durch Bepreisungssysteme (z. B. das Emissionshandelssystem ETS und andere CO2-Abgaben, die dem CO2 einen Marktwert verleihen) sowie durch staatliche Anreize (z. B. das deutsche BAFA-Programm, das qualifizierte Projekte mit 40 % fördern kann) geschaffen.

Weiterlesen und den „Der TÜV-Umweltmanagement-Berater“ 4 Wochen gratis testen:

  • Das komplette Know-how in Sachen Umweltmanagement
  • Zugriff auf über 300 Fachbeiträge und 240 Arbeitshilfen
  • Onlinezugriff – überall verfügbar


Sie haben schon ein Abonnement oder testen bereits? Hier anmelden

Ihre Anfrage wird bearbeitet.
AuthError LoginModal