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08117 Behavior Based Safety – Von sturen Böcken und Nonkonformisten

Verhaltenstreue und Regeleinhaltung in Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit, Umweltschutz und Qualitätssicherung aus psychologischer Sicht

Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich mit der Rolle von Aufmerksamkeit und Achtsamkeit im Rahmen des betrieblichen Verhaltens. Es werden psychologische Methoden und Möglichkeiten zur Förderung z. B. des Gefahrenbewusstseins, aber auch des umwelt- oder qualitätsbezogenen Verhaltens im Arbeitsalltag vorgestellt, wobei es insbesondere um präventive Ansätze geht.
von:

1 Einführung

Warum passieren Unfälle?
Mindestens 80 % aller Unfälle haben nichttechnische Ursachen. Häufig liegt es an fehlender Information oder mangelnder Motivation der Mitarbeitenden, wenn es zu einem Unfallgeschehen kommt. Überforderung, Stress und mangelnde Qualifikation sind die häufigsten Ursachen, die zu Störungen des normalen Betriebsablaufs, zu Produktionsausfällen oder Unfällen mit Verletzungen der Mitarbeitenden führen.
Aber auch in der Einhaltung von betrieblichen Umweltschutzauflagen oder Qualitätsstandards finden wir häufig „großzügige Auslegungen” oder bewusst in Kauf genommene Regelverstöße. Bequemlichkeit und Gedankenlosigkeit, aber auch Phänomene wie Reaktanz (das bewusste Ignorieren einer Regel oder Vorschrift, weil sie als freiheitseinengend und/oder sinnlos erlebt wird) können hier eine Ursache sein.
Verantwortung der Führungskraft
In all diesen Fällen ist die Führungskraft besonders gefragt. Sind es doch Meister, Teamleiterin oder Vorarbeiter, die vor Ort auf die Sicherheitsmängel, Prozessabweichungen, Vorschriftenmissachtungen und mitunter Gesetzesverstöße aufmerksam machen und gegebenenfalls auch einschreiten müssen. Die Form und Art und Weise der Gesprächsführung hat dabei maßgeblichen Anteil bei der Akzeptanz der ausgesprochenen Anweisungen und damit an der Zielsetzung der Vermeidung von sicherheits-, umweltschutz-, qualitäts- oder sonstigem regelwidrigem Verhalten. In den letzten Jahren wird eine solche Verhaltenslenkung unter dem Begriff Behavior Based Safety behandelt. Bei der Behavior Based Saftey geht es primär zunächst einmal darum, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, ihr eigenes Verhalten am Arbeitsplatz zu hinterfragen. Dabei muss das erwünschte Verhalten genau definiert werden. Zentral ist in diesem Zusammenhang, dass die Führungskräfte am Arbeitsplatz den Mitarbeitenden Feedback geben, um positive Verhaltensänderungen genau zu beschreiben und eingetretene Anpassungen dauerhaft zu verankern.

2 Arbeitsunfälle und Aufmerksamkeit

2.1 Arbeitsunfälle – aktuelle Zahlen

Will man die Problematik des (möglicherweise) nicht-regelkonformen Verhaltens von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Arbeitsplatz mit offiziellen statistischen Zahlen hinterlegen, so liegen solche insbesondere für Arbeitsunfälle vor.
Unfallzahlen insgesamt leicht gesunken
Sucht man nach aktuellen Zahlen zum Unfallgeschehen im Arbeitsbereich, so findet man bei der DGUV für das Jahr 2022 folgende Informationen [1]:
Im Bereich der UV der gewerblichen Wirtschaft und der UV der öffentlichen Hand ereigneten sich 2022 insgesamt 787.12 meldepflichtige Arbeitsunfälle, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder den Tod zur Folge hatten, das sind 2,3 % weniger als im Vorjahr. Das Arbeitsunfallrisiko je 1.000 Vollarbeiter ist mit einem Wert von 18,27 um 7,5 % gesunken. Diese Entwicklung ist auf die geänderte Erfassung der Arbeitsstunden im Zuge der Einführung des elektronischen Lohnnachweises zurückzuführen.
Im Jahr 2022 waren 10.927 schwere Arbeitsunfälle zu verzeichnen, bei denen es zur Zahlung einer Rente oder eines Sterbegelds gekommen ist. Damit ist das Risiko je 1.000 Vollarbeiter, einen schweren Arbeitsunfall zu erleiden, von 0,296 im Vorjahr auf 0,253 im Jahr 2022 um 14,5 % gesunken. Bei den tödlichen Arbeitsunfällen ist gegenüber dem Vorjahr eine Abnahme um 87 Fälle auf 422 Todesfälle zu verzeichnen.
Bei den 173.288 meldepflichtigen Wegeunfällen in der gewerblichen Wirtschaft und bei den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand ist das Unfallrisiko je 1.000 Versicherungsverhältnisse mit 3,29 gegenüber 3,37 im Vorjahr um 2,5 % gesunken.
Bei den 3.587 neuen Wegeunfallrenten ist das Unfallrisiko je 1.000 Versicherungsverhältnisse von 0,082 im Vorjahr auf 0,068 in 2022 gesunken (-16,6 %). Die Zahl der tödlichen Wegeunfälle ist von 227 auf 248 gestiegen.
Nicht-regelkonformes Verhalten im Bereich Umweltschutz oder Qualitätssicherung lässt sich deutlich schwerer exakt erfassen. Natürlich kommt es beispielsweise zu Umweltverschmutzungen, die auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen sind und die auch einer juristischen Würdigung zugeführt werden. Aber die weitaus größere Zahl solcher Verstöße wird nicht registriert, zumindest nicht in amtlichen Statistiken.

2.2 Unfallursachen

Auf die Frage danach, warum Unfälle geschehen, lassen sich sieben unterschiedliche Unfallursachen voneinander abgrenzen:
1.
Stolpern, Rutschen, Stürzen
2.
Fehlbedienung von Werkzeugen oder Maschinen
3.
Falsches Lagern, Heben, Tragen
4.
Missachtung von Sicherheitsvorschriften
5.
Fehlende Erfahrung
6.
Routine
7.
Organisatorische Probleme/fehlende Unterweisung
Diese Verhaltensmuster sind teilweise ebenso ursächlich für umweltschutz- oder qualitätswidriges Verhalten.
Nachfolgend soll insbesondere die Missachtung von bestehenden und bekannten Sicherheitsvorschriften, Anordnungen oder Regelungen durch die Mitarbeiter betrachtet werden. Woran liegt es, dass es zu Unfällen oder Verstößen gegen bestehende Vorschriften und Arbeitsanweisungen aufgrund von Unachtsamkeit, Nachlässigkeit, Gleichgültigkeit oder bewusster Übertretung von Regeln und Vorschriften kommt? Und wie kann man aus psychologischer Sicht solchen Effekten und Haltungen entgegenwirken?

2.3 Aufmerksamkeit und Umsicht

Betriebssicherheit hängt von Verhalten ab
Die Bemühungen um Sicherheit, Umweltschutz und Qualität am Arbeitsplatz zielen neben technischen Maßnahmen auch immer auf das Verhalten der Mitarbeiter ab. Ihnen sollen Risiken und Gefahren bewusst werden, sie sollen Verhaltensmuster und Einstellungen entwickeln, die zu einem sicheren und umsichtigen Agieren am Arbeitsplatz beitragen.
Zentraler Faktor Risikobewusstsein
Doch was meint man eigentlich, wenn man davon spricht, dass Menschen ein Risikobewusstsein entwickeln sollen? Begreift man Bewusstsein im psychologischen Sinne, kann es als Zustand des Erkennens von Ereignissen im Sinne eines „Gewahrwerdens” der inneren und äußeren Umwelt verstanden werden. Damit ist gemeint, dass verfügbare Informationen wahrgenommen werden und eine entsprechende Reaktion durch den Betrachter erfolgen kann. Im Unternehmenskontext geht es dabei u. a. um Wettbewerbsvorteile, aber auch um Qualität und eben Sicherheit.

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