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07024 Nachhaltigkeit in der Gefahrgutlogistik: Möglichkeiten und Grenzen

Dieser Artikel untersucht dive Möglichkeiten und Grenzen von Nachhaltigkeitsmaßnahmen in der Gefahrgutlogistik. Er beleuchtet dabei die Umstellung auf Mehrwegverpackungen, die Nutzung von Recyclingkunststoffen und den Einsatz elektronischer statt gedruckter Beförderungsdokumente. Zudem analysiert er die Potenziale elektrischer und wasserstoffbetriebener Gefahrgutfahrzeuge.
von:
Bei der Beförderung gefährlicher Güter erfordert die Natur der Beförderungsgüter besondere Maßnahmen – auch für diese Maßnahmen ist die Möglichkeit ihrer Ökologisierung zu untersuchen. Folgende Maßnahmen unterliegen dem Aspekt der Nachhaltigkeit:
1.
Verpackungen:
1.1.
Mehrweg statt Einweg
1.2.
Verpackungen aus Kunststoff
2.
Elektronisches Beförderungsdokument statt ausgedrucktes Beförderungspapier
3.
Elektrischer statt verbrennungsmotorischen Antriebs von Gefahrgutfahrzeugen

1 Verpackungen

1.1 Mehrweg statt Einweg

IBC – Intermediate Bulk Container
In Deutschland werden im Jahr etwa 1 Milliarde Spraydosen, überwiegend aus Aluminium, befüllt und landen nach ihrer Entleerung im „Müll”. Da Spraydosen nicht wiederbefüllbar sind, sind sie auch nicht mehrwegfähig. Hersteller von Kanistern, Fässern und Großpackmitteln (Intermediate Bulk Container, „IBC”) müssen diese, auch nach der Verwendung für die Beförderung gefährlicher Güter, nach ihrer Entleerung zurücknehmen. IBC aus Stahl werden i. d. R. mehrfach benutzt, IBC aus Kunststoff i. d. R. nur ein Mal.

1.2 Verpackungen aus Kunststoff

Umschließungsmittel aus Kunststoff sind auch für gefährliche Güter weit verbreitet: Korrosion ist für sie kein Thema, sie sind leicht zu reinigen und haben ein geringes Gewicht.

1.2.1 Arten von Umschließungsmitteln aus Kunststoff und ihre Besonderheiten

Folgende Umschließungsmittel für Gefahrgüter dürfen aus Kunststoff bestehen:
Fässer (Code 1H), Kanister (3H), Kisten (4H), Säcke (5H) und Kombinationsverpackungen (6H),
Großpackmittel (IBC) (11H, 13H, 21H, 31H, 11HZ, 21HZ, 31HZ; Z = Werkstoffart der Außenverpackung, z. B. Stahl = A),
Großverpackungen (LP) (50H, 51H),
ortsbewegliche UN-Tanks,
festverbundene ADR-Tanks und -Aufsetztanks.
Kunststoff-Fässer (1H), -Kanister (3H) und -IBC (11H, 21H, 31H, 11HZ, 21HZ, 31HZ) dürfen, vom Datum ihrer Herstellung (Monat/Jahr) an gerechnet, nur fünf Jahre für die Beförderung gefährlicher Güter verwendet werden. Ausnahmen davon (Unterabschnitt 4.1.1.15 ADR [1]):
UN 1790 > 60 % ≤ 85 % Fluorwasserstoff und UN 2031 > 55 % Salpetersäure: nur zwei Jahre.
Von der zuständigen Behörde (in D: BAM) wurde eine längere Verwendungsdauer genehmigt.
Das gilt auch für leere ungereinigte Verpackungen (Unterabschnitt 4.1.1.11 ADR).
Der Verpackungswerkstoff Polyethylen (PE) und flüssiges gefährliches Füllgut müssen sich chemisch vertragen; für den Nachweis gibt es drei Optionen:
durch Assimilierung des beabsichtigten Füllguts zu einer Standardflüssigkeit (Unterabschnitt 4.1.1.21; Absatz 6.1.5.2.6, Abschnitt 6.1.6 und Absatz 6.5.6.3.5 ADR); Bsp.: UN 1789 ≤ 38 %: Die Prüfung kann anstelle von Salzsäure mit Wasser durchgeführt werden (Tab. 4.1.1.21.6 ADR); bei IBC ist das nicht erforderlich (Absatz 6.5.6.3.5 ADR). Wegen der Metallkorrosivität der Salzsäure darf sich in der Entleereinrichtung (Auslauf) kein Bauteil aus Metall befinden.
im Rahmen der Bauartprüfung (Absätze 6.1.5.2.5 und 6.5.6.3.3 ADR).
durch Laborprüfung (Absätze 6.1.5.2.7 und 6.5.6.3.6 ADR).

1.2.2 Änderung 2025

Hier wird es 2025 eine Änderung geben und zwar für flüssige Abfälle, die gemäß Absatz 2.1.3.5.5 ADR klassifiziert wurden, in Verpackungen aus PE (neuer Absatz 4.1.1.21.7 ADR). Voraussetzung ist: Die Verpackung hat die Prüfungen mit allen in Unterabschnitt 6.1.6.1 ADR beschriebenen Standardflüssigkeiten bestanden. Wenn die Flüssigkeit die Verpackung schwächen kann (z. B. bestimmte chlorierte Verbindungen), halbiert sich die zulässige Verwendungsdauer (also von 5 auf 2,5 Jahre).
Recyclingkunststoffe
Die Bestimmung des Begriffs „Recyclingkunststoffe” im Abschnitt 1.2.1 ADR war 2023 um die Sätze 2 bis 6 ergänzt worden. Ebenfalls 2023 waren IBC aus Recyclingkunststoffen zulässig geworden, in der erweiterten Definition des Begriffs hatte man das aber vergessen. Das wird 2025 nachgeholt. 2025 wird ergänzt, dass das Recyclat nicht nur aus gebrauchten Industrieverpackungen, sondern auch aus anderen Kunststoffen gewonnen werden darf.
Recyclingkunststoffe sind zulässig für
Verpackungen (Absatz 6.1.4.8.1 ADR),
IBC (Absätze 6.5.5.3.2 und 6.5.5.4.6 ADR).
EU-VerpackV
Die Verwendung von Recyclingkunststoffen muss in der Verpackungscodierung mit den Buchstaben „REC” identifiziert werden (Unterabschnitt 6.1.3.10 und Absatz 6.5.2.1.2 ADR), daraus ergeben sich aber keine Konsequenzen für die Verwendung. Die neue EU-VerpackV 2025/40 (Ersatz für EU-VerpackRL 94/62)
bestimmt, dass nach Art. 7 (1) d), (2) d)
ab 01.01.2030 der Kunststoff (hier: PE) einer Verpackung mindestens 35 % Recyclat enthalten muss
ab 01.01.2040 der Kunststoff (hier: PE) einer Verpackung mindestens 65 % Recyclat enthalten muss
gilt unbeschadet der für Verpackungen bereits geltenden rechtlichen Anforderungen der EU, z. B. in Bezug auf die Sicherheit der verpackten Erzeugnisse,
nicht für Verpackungen gefährlichen Gütern gemäß RL 2008/68/EG, die auf ADR, RID und ADN verweist (Art. 7 (4) f))
aber für Verpackungen gefährlicher Stoffe und Gemische gemäß Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 („CLP-Verordnung”).”

1.2.3 Besonderheit: Flüssigkeiten Flammpunkt ≤ 60 °C

Permeation
Die folgende Vorschrift findet sich
nicht in den UN-Empfehlungen, und damit auch nicht im IMDG-Code,
nur im ADR/RID [2].
Die Permeation des Dampfs einer entzündbaren Flüssigkeit in einer Kunststoffverpackung durch die Verpackungswand darf unter normalen Beförderungsbedingungen keine Gefahr darstellen (Unterabschnitt 4.1.1.2 S. 1 c); Absatz 6.1.4.8.1 S. 4; Absatz 6.5.5.3.2 S. 5, Absatz 6.5.5.4.6 S. 5; Absatz 6.6.4.3.1 S. 4 ADR). Das ist dann der Fall, wenn die Verpackung max. 8 mg je Liter Flüssigkeit je Stunde verliert (Absatz 6.1.4.8.7 und Unterabschnitt 6.1.5.7 ADR). Das gilt
nicht für PE,
nur für PE, wenn Benzen, Toluen oder Xylen [3] das Füllgut sein soll.
Hintergrund
Durch die Verpackungswand durchgehende Dämpfe entzündbarer Flüssigkeiten können im Inneren eines gedeckten, nicht belüfteten Fahrzeugs oder geschlossenen, nicht belüfteten Containers eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre erzeugen; ein nicht-Ex-geschütztes Flurförderzeug kann bei der Entladung ohne vorherige Entlüftung des Fahrzeugs/Containers zur Zündquelle werden. Versuche der BAM (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung) im Jahr 2006 haben ergeben: In einem unbelüfteten Container mit Toluen in PE-IBC ohne Permeationsschutz wird bei 40 °C die untere Explosionsgrenze bereits innerhalb weniger Stunden oder Tage erreicht.
Nicht im IMDG-Code
Im IMDG-Code (IMDG: International Maritime Dangerous Goods) gibt es diese Vorschrift nicht, was angesichts der längeren Reisedauern und höheren Temperaturen als im Landverkehr überrascht. Das hat das kuriose Ergebnis: Soll z. B. Toluen in einem Kunststoff-IBC befördert werden:
ADR/RID: Nachweis betr. Permeation muss aus der Zulassungsbescheinigung für den IBC hervorgehen.
IMDG-Code: Die Zulassungsbescheinigung für den IBC muss keinen Nachweis betr. Permeation enthalten; das gilt auch für den Vorlauf zu und den Nachlauf nach einer Seebeförderung auf der Straße/Schiene (Absatz 1.1.4.2.1 ADR/RID).
Wenn im Beförderungsdokument die Kombination „Gefahrzettel 3” und „Verpackung aus Kunststoff” auftaucht, sollte der Entlader eines Seecontainers also hellhörig werden.

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