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07020 Green PPAs – mit langfristigen Stromlieferverträgen zur Klimaneutralität und Stromunabhängigkeit?

Green PPAs sind langfristig angelegte Stromlieferverträge für erneuerbare Energien. Sie können künftig eine wichtige Rolle für einen Markthochlauf und die Absicherung von Investitionen in Erneuerbare-Energie-Anlagen in Ergänzung zur staatlichen Förderung durch das EEG spielen.
Für Unternehmen können Green PPAs attraktiv sein, um längerfristige Preis- und Versorgungsstabilität mit grünem Strom zu erreichen, und sie stellen dadurch ein wichtiges Instrument bei Klimaneutralitäts- und Nachhaltigkeitsstrategien dar. Dieser Artikel führt in die Materie ein, stellt die Funktionsweise von PPAs dar und diskutiert wichtige Aspekte wie die Preisfindung und Vertragsgestaltung.
von:

1 Einleitung

Die voraussichtlich mittelfristig anhaltende Preisvolatilität auf den internationalen Energiemärkten und die ambitionierte Zielsetzung der bundesdeutschen bzw. einzelbetrieblichen Klimaneutralität, der sich viele Unternehmen verschrieben haben, bringen große Herausforderungen mit sich: Die Energiepreise werden – Stand Ende 2022 – auf absehbare Zeit auf hohem Niveau bleiben, auch wenn durch politische Maßnahmen weitere Preisanstiege im besten Fall vermieden werden können, ohne die finanzielle Anreizwirkung zur Energieeinsparung zu vermindern. Die Sektorenkopplung und die Elektrifizierung von Herstellungsprozessen sind mit weitreichenden Systemtransformationen verbunden.
EU Taxonomy Alignment
Die Notwendigkeit von raschen und wirksamen Klimaschutzmaßnahmen bleibt offensichtlich und wird auch durch zunehmende Anforderungen von Kunden und Geldgebern (Stichwort: EU Taxonomy Alignment) noch verschärft. Viele Unternehmen sind daher gezwungen, ihre Produktionsprozesse und Lieferketten, aber auch ihre Energiebeschaffung zu optimieren, um die Klimaintensität der eigenen Wertschöpfung zu verringern. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten und Ansatzpunkte (s. Abb. 1).
Abb. 1: Ansatzpunkte zur Klimaneutralität in Unternehmen (s. hierzu auch Kap. 07017 und [1])
Klimaintensität
Mit Klimaintensität ist die Verursachung von THG-Emissionen und sonstigen Klimaauswirkungen durch ein Geschäftsmodell gemeint. Eine Kennziffer wären die THG/Bruttowertschöpfung. Unternehmen mit hoher Klimaintensität werden z. T. erhebliche Kosten zu schultern haben, um „stranded assets” zu vermeiden und gesetzliche Vorgaben zu erfüllen.
Offensichtlich stellt der Bezug von erneuerbaren Energien mit geringen THG-Emissionen einen wichtigen Hebel dar. Erneuerbare Energien werden bereits heute in der Wirtschaft stark nachgefragt [2] [3]. Durch die Nutzung von erneuerbaren Energien (die Autoren gehen an dieser Stelle davon aus, dass es sich um EE handelt, deren THG-Emissionen gegen null gemindert sind) kann die Dekarbonisierung von Industrie und Gewerbe vorangebracht und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie gesichert werden.
Grüner Strom, grüne Treibstoffe, grüne Wärme
Der Fokus liegt dabei auf grünem Strom und grünen Treibstoffen oder alternativen Antriebskonzepten sowie zu geringerem Ausmaß auf grüner Wärme, z. B. durch Nutzung von Biomethan, was der Verbrennung von Biomasse wie Holz vorzuziehen ist (vgl. z. B. [4]). Praktisch gibt es für die Nutzung von Ökostrom nur wenige Fuel-Switch-Möglichkeiten:
1.
Umstellung der Beschaffung auf Ökostrom:
a)
Bezug von nicht EEG-gefördertem Ökostrom mit Herkunftsnachweisen (HKN) über ein EVU der Dienstleister (d. h. reale physische Stromlieferung gekoppelt mit HKN)
b)
Bezug von Graustrom mit EEG-Anteil über ein EVU oder Dienstleister
c)
Bezug von Graustrom, der über separat gehandelte HKN „grüngestellt” wird
2.
Bau eigener Anlagen (z. B. PV- oder Windkraftanlagen) ohne staatliche Förderung über das EEG und Eigenverbrauch (keine Einspeisung in öffentliche Netze)
3.
Abschluss von direkten Stromlieferverträgen (Green Power Purchase Agreements, Green PPAs)
Benötigte Rahmenbedingungen
Um den Markthochlauf der Erneuerbaren auch ohne oder nach Auslaufen der direkten Förderung über die EEG-Umlage zu forcieren, werden neue Geschäftsmodelle und adäquate Rahmenbedingungen benötigt, damit die nötigen Investitionen aus der Wirtschaft ausgelöst werden können. Für den Ausbau der Erneuerbaren sind über marktbasierte Finanzierungskonzepte hinaus auch ausreichende Flächen und schnelle Genehmigungsverfahren für EE-Anlagen und Stromtrassen sowie Konzepte für die Netzintegration und Energiespeicherung notwendig [5] [6].
Power Purchase Agreements (PPAs)
Power Purchase Agreements (PPAs) bzw. Stromkaufvereinbarungen werden zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Sie können die Erzeuger- und die Nachfrageseite miteinander direkt verbinden, indem langfristige Vereinbarungen zu stabiler Abnahme, gesicherter Projektfinanzierung und langfristig kostengünstigem nahezu CO2-freiem Strom getroffen werden können.
PPAs sind zivilrechtliche, langfristig angelegte Liefer- und Abnahmeverträge für Strom, die bilateral zwischen einem Stromproduzenten (Verkäufer) und einem Stromabnehmer (Käufer, z. B. Stromhändler oder Stromverbraucher) oder einem intermediären Dienstleister abgeschlossen werden. Im PPA werden die entsprechenden Konditionen geregelt, z. B. die Liefermenge, die Laufzeit, die ausgehandelten Preise, die bilanzielle Abwicklung sowie Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung und sonstige Klauseln des Strombezugs. Durch ein PPA sollen für beide Seiten stabile Verhältnisse und prognostizierbare Preise sichergestellt werden, um Marktpreisrisiken zu mindern. Deshalb werden PPAs vor allem bei großen Stromverbrauchern und bei größeren Investitionen in Aufbau oder Weiterbetrieb von EE-Anlagen angewendet. Der PPA-Markt ist in Deutschland noch nicht so weit entwickelt wie beispielsweise in den USA, Schweden oder Spanien [7] [8]. Allerdings konnte bereits eine Zunahme für erste Anlagen, die 2021 aus der EEG-Förderung fielen (sog. Post-EEG-Anlagen) verzeichnet werden.
Vorteile
Von PPAs werden folgende Vorteile erwartet [9] [10] [11]:
Marktbasierter und nachfrageorientierter Ausbau der erneuerbaren Energien in Ergänzung staatlicher Förderprogramme
Stärkung der Regionalisierung von Erzeugung und Verbrauch, z. B. wenn ansässige Unternehmen den Zubau von EE-Kapazitäten über PPAs direkt fördern, und dadurch Entlastung von überregionalen Übertragungsnetzen
Mobilisierung von privaten Investitionen in Stromerzeugungskapazitäten oder für den Weiterbetrieb von Post-EEG-Anlagen
Ausgleich von Kosten durch umfangreiche und langjährige umlage- und steuerfinanzierte EEG-Förderung (z. B. durch weitere Senkung der EEG-Umlage und damit Entlastung von Verbrauchern)
Reduktion von Marktrisiken bzgl. Liefer- und Abnahmemengen sowie Preisen (z. B. langfristige Preissicherheit und Reduzierung von Risiken bei Stromverkauf und -einkauf)
Möglichkeiten für eine „Klimaneutralstellung” von Unternehmen und Produkten
Der globale PPA-Markt für Unternehmen hat heute ein kumuliertes Vertragsvolumen von fast 120 GW [12] [13]. Dieses Volumen wächst zwar weiter, deckt aber immer noch nur einen Bruchteil der jährlich weltweit installierten EE-Kapazität ab. Zum Vergleich: Allein im Jahr 2021 wurden mehr als 250 GW an neuer EE-Kapazität installiert. Einer der Hauptgründe neben den hohen Transaktionskosten und komplizierten PPA-Vertragswerken ist, dass in verschiedenen Märkten die subventionierten EE-Volumina nach wie vor hoch sind und oft die günstigste Möglichkeit zur Finanzierung von EE-Projekten [14] darstellen.

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