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07019 Vom Umwelt- zum Klimamanagement: praktische Ansatzpunkte zur Integration von Klimabausteinen in ein bestehendes Managementsystem

Klimamanagement – das öffentliche Interesse wächst und immer mehr Unternehmen und Organisationen möchten einen Beitrag zu den globalen Klimazielen leisten.
Viele Unternehmen betreiben bereits seit vielen Jahren ein Umwelt- oder Energiemanagementsystem und möchten zusätzlich das Thema Klima in den Fokus rücken.
Dieser Beitrag hilft Ihnen dabei, die Klimaschutzaktivitäten Ihres Unternehmens strukturiert in bereits bestehende Bausteine des Umweltmanagementsystems zu integrieren. Dabei gehen wir auch auf Vorgaben aus der ISO 14068-1 zur Treibhausgasneutralität [1] ein.
von:

1 Klimamanagement: neue unternehmerische Aufgabe

Für immer mehr Unternehmen und Organisationen wird das Thema Klimamanagement ein zentraler Bestandteil der Unternehmenssteuerung. Allgemein versteht man unter dem Begriff des unternehmerischen Klimamanagements die Identifikation, Erfassung, Vermeidung und aktive Minderung von Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) entlang der unternehmerischen Wertschöpfungskette [2].
Herausforderung für Unternehmen
Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, wie sie mit geschäftsrelevanten Klimarisiken umgehen und ambitionierte, langfristige und wissenschaftsbasierte Klimaziele erreichen können. Auch stellen immer mehr Stakeholder klimaspezifische Anforderungen an Unternehmen. Am Anfang dieser Betrachtungen muss auch eine Struktur für die Berechnung der Treibhausgas-(THG-)Bilanz des Unternehmens aufgebaut werden, um eine quantitative Grundlage für Ziele und Maßnahmen zu schaffen. Dabei sollten auch vor- und nachgelagerte Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette in den Fokus genommen werden.
Als Grundsatz des Klimamanagements sollte folgende Hierarchie gelten: „Vermeiden vor Vermindern vor Kompensieren/Neutralisieren” von THG-Emissionen.
Schnittstellen zum UMS
In der Beratungspraxis zeigt sich immer häufiger, dass bestehende Umwelt- und/oder Energiemanagementsysteme die Erarbeitung von THG-Bilanzen, Klimazielen und Maßnahmenplänen erleichtern. Im Folgenden wird daher ein Überblick über Schnittstellen zwischen einem vorhandenen Umweltmanagementsystem und dem Aufbau eines Klimamanagementsystems gegeben.

2 Ansatz Klimamanagement

Wie auch das Umweltmanagement orientiert sich ein systematisches Klimamanagement idealerweise am PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act), mit dem Ziel einer fortlaufenden Verbesserung des Managementsystems und der Verbesserung der klimabezogenen Leistung. Ein vorhandenes Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 oder EMAS bildet eine sehr gute Grundlage zum Aufbau eines Klimamanagementsystems, da sich das betreffende Unternehmen bereits systematisch mit seinen Umweltaspekten und Umweltauswirkungen auseinandersetzt, die mit Klimawirkungen einhergehen. Vergleichbar zu benennen ist ein Energiemanagement nach ISO 50001, wenngleich hier der Fokus auf Energie liegt (Bezug vor allem zu Scope 1 und 2) und weitere Umweltaspekte wie Abfall, Wasser, Rohstoffe etc. nicht im Fokus stehen.
ISO 14068-1
Im Gegensatz zur ISO 14001 und ISO 50001 ist die ISO 14068-1 nicht nach der High-Level-Structure und dem PDCA-Zyklus strukturiert. Ziel des Standards ist es, Grundsätze, Anforderungen und Leitlinien für die Erreichung und den Nachweis der Treibhausgasneutralität festzulegen. Dennoch fordert die ISO 14068-1 eine fortlaufende Reduzierung der THG-Emissionen, bis nur noch unvermeidbare Emissionen übrig sind. Zudem muss ein Managementplan zur Treibhausgasneutralität ausgearbeitet werden, der in das bestehende Umweltmanagementsystem integriert ist. Der Managementsystem-Gedanke ist also klar in der Norm verankert.
Abb. 1: PDCA-Zyklus Umweltmanagement
In Abbildung 1 ist der PDCA-Zyklus eines Umweltmanagementsystems dargestellt. Entlang dieser Struktur lässt sich ein Klimamanagement ideal mit einigen Erweiterungen einführen (s. Abb. 2).
Abb. 2: PDCA-Zyklus Klimamanagement
In den folgenden Abschnitten wird auf die einzelnen Schnittstellen zwischen einem Umwelt- und Klimamanagementsystem näher eingegangen.

2.1 Schnittstelle Umweltpolitik

Die vom Umweltmanagement geforderte Umweltpolitik stellt den Rahmen für das Umweltmanagementsystem eines Unternehmens dar. Diese kann für das Klimamanagement beispielsweise um die klimaspezifische, strategische Ausrichtung des Unternehmens erweitert werden. Alternativ bieten sich zwei separate Dokumente an. In der Praxis etabliert sich aufgrund der sehr weitreichenden thematischen Überschneidung der Themen Umwelt und Klima jedoch eher eine integrierte Umwelt- und Klimapolitik.
Erarbeitung Klimastrategie
In der ISO 14001 sowie in der EMAS-Verordnung werden klare Mindestanforderungen an die Umweltpolitik gestellt. Die ISO 14068-1 fordert keine Klimapolitik, sondern eine Verpflichtung der obersten Leitung, die den Rahmen und die strategische Ausrichtung auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität festlegt. Darüber hinaus legt der Standard weitere inhaltliche Anforderungen an die Verpflichtung der obersten Leitung fest. Generell kann diese Verpflichtung aber analog zu einer Umweltpolitik gesehen werden, die ebenfalls von der obersten Leitung verabschiedet wird.
Unabhängig davon, ob nach der ISO 14068-1 vorgegangen werden soll oder nicht, sollten die Orientierung und der grobe Handlungsrahmen für das Thema Klima aus der Politik hervorgehen. Die integrierte Umwelt- und Klimapolitik stellt damit die Leitplanken für die Erarbeitung der Klimastrategie, Ziele und Maßnahmen. In der Politik sollte bestenfalls zudem ein Grundsatz zur groben Strategie benannt werden.
Dabei bieten sich beispielsweise die Vorgehensweise „Vermeiden vor Vermindern vor Kompensieren/Neutralisieren” sowie die Zielstellung zur fortlaufenden Reduktion der absoluten THG-Emissionen an. Wie auch die Umweltpolitik sollte die Klimapolitik von der obersten Leitung verabschiedet und innerhalb des Unternehmens sowie extern an alle sie betreffenden interessierten Parteien kommuniziert werden.

2.2 Schnittstelle Kontextanalyse und Bewertung der Umwelt-/Klimaaspekte

Aus den Anforderungen des Umweltmanagementsystems heraus ist der Anwendungsbereich bereits definiert. Durch die Kontextanalyse sowie die Umweltaspektebewertung aus dem Umweltmanagement sind die internen und externen Themen, die wesentlichen Stakeholder sowie Umweltauswirkungen des Unternehmens bereits erfasst. Generell können diese Instrumente aus dem Umweltmanagement mit wenig Aufwand um das Klimamanagement erweitert werden.

2.2.1 Anwendungsbereich und Systemgrenze

Bezüglich des Anwendungsbereichs sind beim Klimamanagement die organisatorische sowie die operative Systemgrenze zu definieren. Erstere legt die betrachteten Gesellschaften, Organisationseinheiten bzw. Standorte fest, letztere die bilanzierten Emissionsquellen.
Definition Systemgrenzen
Folgende Fragen unterstützen die Definition der Systemgrenzen:
Welche Standorte/Unternehmensbereiche sollen betrachtet werden?
An welchen Stellen werden durch Tätigkeiten, Prozesse oder Dienstleistungen Emissionen verursacht?
Welches Basisjahr soll zugrunde gelegt werden?
GHG Protocol
Zur Bestimmung der Systemgrenze gibt es nach dem Standard des Greenhouse Gas Protocol (GHGP) verschiedene Ansätze, die sowohl für die Erstellung der Startbilanz als auch für die Fortführung der THG-Bilanz in den Folgejahren konsistent umgesetzt werden sollen: den operativen Kontrollansatz, den finanziellen Kontrollansatz oder den Kapitalbeteiligungsansatz.
Mit dem Kapitalbeteiligungsansatz werden alle THG-Emissionen entsprechend der Anteile am jeweiligen Unternehmen bilanziert. Mit dem Kontrollabsatz bilanziert das Unternehmen alle THG-Emissionen, über die es die operative bzw. finanzielle Kontrolle hat. Unter Berücksichtigung dieser Anforderung kann es vorkommen, dass der Anwendungsbereich aus dem Umweltmanagementsystem nicht zu 100 % dem der definierten Systemgrenze für das Klimamanagement entspricht. In diesem Zusammenhang wird empfohlen, beidseitig den Mehrwert zu nutzen. Beispielsweise kann eine weitere Systemgrenze des Klimamanagements zu einer vertieften Betrachtung der indirekten Umweltaspekte im Umweltmanagement führen.

2.2.2 Kontextanalyse

Bei der Erweiterung der Kontextanalyse geht es im Wesentlichen um klimabezogene interne und externe Themen (z. B. die Positionierung zum 1,5-Grad-Ziel oder die Bewertung von Klimazielvorgaben durch Verbände) sowie die Bewertung von Stakeholderanforderungen in Bezug auf Klimathemen an das Unternehmen. Das können beispielsweise Kundenanforderungen an Daten zu THG-Emissionen der hergestellten Produkte sein oder auch Anforderungen vonseiten des Gesetzgebers wie beispielsweise die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, der Corporate Sustainability Directive (CSRD), die große und kapitalmarktorientierte Unternehmen u. a. zu einer klimabezogenen Berichterstattung verpflichtet. Es sollte geklärt werden, welche Stakeholdererwartungen zu bindenden Verpflichtungen werden und bei der Zieldefinition berücksichtigt werden müssen.

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