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05040 Gefahrstoffe in Arbeitsräumen: was geht?

Dieser Beitrag zeigt auf, welche Gefahrstoffe in welchen Mengen nach den im Dezember 2020 neu verfassten Vorgaben der TRGS 510 in Arbeitsräumen gelagert werden dürfen.
von:

1 Einführung

Problembeschreibung
Welche und wieviel Gefahrstoffe in einem Arbeitsraum zulässig sind und welche und in welchen Mengen nicht, ist eine zwischen den Arbeitnehmern, die im Arbeitsraum arbeiten, und internen und externen Überwachern mitunter kontrovers diskutierte Frage. Es geht darum, zwischen Bequemlichkeit und Sicherheit einen Kompromiss zu finden. Die im Dezember 2020 neu gefasste TRGS 510 enthält dazu geänderte Vorgaben.
Zur Erinnerung: Im Dezember 2010 war die neue Technische Regel für Gefahrstoffe „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern” (TRGS 510) herausgekommen. Im Mai 2013 wurde die Neufassung Januar 2013 und im Januar 2021 die Neufassung Dezember 2020 veröffentlicht [1].

2 Dreistufiges Modell für „Arbeitsräume”

Für Räume, in denen mit Gefahrstoffen gearbeitet wird („Arbeitsräume”, z. B. Werkstätten, Laboratorien), gilt das folgende dreistufige Modell.

2.1 Stufe 1: Bereithalten im Arbeitsraum ohne besondere Maßnahmen

Gefahrstoffe müssen und dürfen in einem Arbeitsraum in der für den Fortgang der Arbeit („Handgebrauch”) erforderlichen Menge bereitgehalten werden [2]. Das ist keine Lagerung. Die für den Fortgang der Arbeit erforderliche Menge ist in der Regel eingehalten, wenn sie den Bedarf für eine Tagesproduktion nicht überschreitet. Ein Beispiel: In einer Kfz-Reparaturwerkstatt wird Scheibenfrostschutzmittel eingesetzt; dieses enthält Ethanol. Wässerige Lösungen mit
5 bis 70 Gewichtsprozent Ethanol haben einen Flammpunkt zwischen 60 und 23 °C und gelten damit als „entzündbar” (H226);
mehr als 70 Gewichtsprozent Ethanol haben einen Flammpunkt unter 23 °C und gelten damit als „leicht entzündbar” (H225).
Wenn am Tag z. B. 20 Liter Scheibenfrostschutzmittel verbraucht werden, dürfen in dieser Werkstatt diese 20 Liter ohne besondere Vorkehrungen aufbewahrt werden.

2.2 Stufe 2: Lagern im Arbeitsraum ohne besondere Maßnahmen

Alles, was über die für den Fortgang der Arbeit erforderliche Menge hinausgeht, gilt als gelagert. Gefahrstoffe dürfen in einem Arbeitsraum nur gelagert werden, wenn die Lagerung mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist; sie hat in besonderen Einrichtungen (insbesondere sind das Sicherheits- oder Gefahrstoffschränke) zu erfolgen [3]. Es handelt sich in diesem Fall um ein Lagern außerhalb eines Lagers, nämlich in einem Arbeitsraum. Die höchstzulässigen Mengen je Arbeitsraum („Nutzungseinheit”) wurden mit der Fassung Dezember 2020 der TRGS 510 neu bestimmt; im Folgenden eine Auswahl in Arbeitsräumen häufiger vorkommender Gefahrstoffe [4]:
Druckgasflaschen: max. die gleiche Menge
Druckgaspackungen (Spraydosen)/-kartuschen: bis 20 kg netto oder 50 Stück
Extrem entzündbare Flüssigkeiten (H224): bis 10 kg netto
Leicht entzündbare Flüssigkeiten (H225): bis 20 kg netto
Entzündbare Flüssigkeiten (H226): bis 100 kg netto
Brennbare Flüssigkeiten (Flammpunkt 61 bis 370 °C): bis 1000 kg netto.
Extrem, leicht und entzündbare Flüssigkeiten dürfen in Arbeitsräumen bis zu diesen Mengen nur gelagert werden in
zerbrechlichen Behältern (z. B. Glasflaschen): bis max. 2,5 l Fassungsvermögen je Behälter [5];
nicht zerbrechlichen Behältern (z. B. Metallfässer oder Kunststoffkanister): bis max. 10 l Fassungsvermögen je Behälter [6].
nach Gefahrgutrecht zulässigen Behältern bis max. 20 l Fassungsvermögen je Behälter. [7] Das bedeutet konkret: Ein 200-Liter-Fass mit z. B. Scheibenfrostschutzmittel (Ethanollösung, H225) darf nicht ungeschützt in einer Werkstatt stehen; zulässig ist nur die für den Fortgang der Arbeit erforderliche Menge (z. B. 20 Liter) plus – im Fall der Ethanollösung H225–20 kg netto. Leere, ungereinigte Behälter gelten als volle [8].
Die Lagerung dieser Flüssigkeiten in Sicherheitsschränken wird empfohlen [9].

2.3 Stufe 3: Lagern im Arbeitsraum mit besonderen Maßnahmen

Sollen bzw. müssen Gefahrstoffe in größeren als den in Stufe 2 genannten Mengen in einem Arbeitsraum vorhanden sein, ist das zumindest für extrem-, leicht- und entzündbare Flüssigkeiten nur in einem Sicherheitsschrank zulässig [10]. Mit der Fassung Dezember 2020 der TRGS 510 gilt Folgendes:
Gemäß den Vorläufervorschriften zur TRGS 510 [11] waren Sicherheitsschränke nach DIN 12925-1 mit einer Feuerwiderstandsfähigkeit (FWF) von nur 20 Minuten zulässig; diese dürfen, im Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung, weiter betrieben werden (Bestandsschutz) [12].
Sicherheitsschränke mit einer FWF von 30 Minuten sind zulässig, wenn
nur ein Schrank pro Nutzungseinheit (hier: Arbeitsraum) aufgestellt ist. Bei mehr als 100 m2 Nutzungseinheit darf je 100 m2 ein Schrank aufgestellt werden;
für die Nutzungseinheit (hier: Arbeitsraum) eine automatische
Brandmeldeanlage und eine anerkannte Werkfeuerwehr mit einer maximalen Hilfsfrist von fünf Minuten nach Alarmierung oder
Löschanlage
zur Verfügung steht [13].
Ist das nicht der Fall, ist ein Sicherheitsschrank mit einer FWF von 90 Minuten gemäß DIN EN 14470-1 erforderlich [14].
Das bedeutet konkret:
Sicherheitsschrank erforderlich
Wer z. B. mehr als die für den Fortgang der Arbeit erforderliche Menge (z. B. 20 Liter) plus 20 kg netto Scheibenfrostschutzmittel (Ethanollösung, H225) in seiner Werkstatt aufbewahren will, braucht einen Sicherheitsschrank mit einer FWF von 90 Minuten. Eine Begrenzung der Menge nach oben gibt es dann nicht. [15]
Die technische Belüftung eines Sicherheitsschranks ist nur für extrem entzündbare Flüssigkeiten (H224, z. B. Benzin) vorgeschrieben [16] Leicht entzündbare (H225) und entzündbare Flüssigkeiten (H226) dürfen auch in nicht technisch belüfteten Sicherheitsschränken gelagert werden; die Schränke sind dann aber über einen Potenzialausgleich zu erden [17]. Die Vorgaben betreffend Ex-Schutz-Zone 2 im Inneren eines nicht technisch belüfteten Sicherheitsschranks und in einem bestimmten Radius und in einer bestimmten Höhe um diesen Schrank sind der DGUV-Regel 113-001 zu entnehmen [18].
Gasflaschen
Eine Besonderheit gibt es bei Gasflaschen. Hier sind Sicherheitsschränke mit einer FWF von 30 Minuten gemäß DIN EN 14470-2 vorgeschrieben. Diese müssen ggf. wie folgt technisch belüftet sein:
sehr giftige/giftige Gase (H330/H331): 120-facher Luftwechsel je Stunde
extrem entzündbare (H220) oder brandfördernde Gase (H270) oder inerte Gase (H280/281): 10-facherLuftwechsel je Stunde [19].
Gefahrstoffe dürfen nur in geschlossenen Behältern gelagert werden [20]. Das hat seinen guten Grund: Was passieren kann, wenn gebrauchte Pinsel offen in Behältern mit Pinselreiniger (Terpentinölersatz) in einen Sicherheitsschrank gestellt werden, zeigt das Foto: Hier hat es gebrannt!
Abb. 1: Brand in einem Sicherheitsschrank aufgrund von gebrauchten Pinseln in Behältern mit Pinselreiniger
Ein weiteres Beispiel
In einer Werkstatt wird Acetylen (extrem entzündbar (H220)) benötigt. Im Arbeitsraum dürfen die für den Fortgang der Arbeit erforderliche Menge (= in der Regel das, was an einem Tag verbraucht wird) zuzüglich der gleichen Menge aufbewahrt werden. Alles, was darüber hinausgeht, gehört in einen Sicherheitsschrank mit einer FWF von 30 Minuten, dessen Luft im Inneren min. 10 Mal/Stunde ausgewechselt werden muss.
Die folgenden Tabellen geben anhand des Stufenmodells einen Überblick über alle regulierten Gefahrstoffe.
Tabelle 1: Anwesenheit von Gefahrstoffen in Arbeitsräumen: Gase in Flaschen, Gase in Packungen/Kartuschen und entzündliche Flüssigkeiten
Tabelle 2: Anwesenheit von Gefahrstoffen in Arbeitsräumen: Sonstige Flüssigkeiten und Feststoffe

3 Fazit

Die Anwesenheit von Gefahrstoffen auch in Arbeitsräumen ist eine unvermeidliche betriebliche Notwendigkeit. Die Änderungen in der TRGS 510 Fassung Januar 2013 im Vergleich mit der Fassung Dezember 2020 stellen keine größeren Umstellungen dar. Auf jeden Fall sind sie nicht nur ordnungswidrigkeiten- und strafrechtlich, sondern auch zivilrechtlich (im Schadenfall ggf. vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherungsgebers) beachtlich. Wer sich an die Vorgaben der TRGS 510 hält, macht alles richtig [21] Wer etwas anderes will, muss die Abweichung in der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung begründen [22].
Schließlich bleibt noch zu erwähnen, dass auch Gefahrstoffe, die nicht mehr benötigt werden (Abfälle), vom Arbeitsplatz entfernt und sachgerecht gelagert oder entsorgt werden müssen. [23]

Quellen

2
§ 8 (1) Nr. 6 GefStoffV
3
Anhang I Nr. 1.5 (2) GefStoffV, Nr. 4.1 (3) TRGS 510.
4
Nr. 4.1 (4) TRGS 510.
5
Nr. 4.2 (12) Satz 1 Ziffer 1 TRGS 510, Nr. 4.15.1 TRGS 526.
6
Nr. 4.2 (12) Satz 1 Ziffer 2 TRGS 510.
7
Nr. 4.2 (12) Satz 1 Ziffer 3 TRGS 510.
8
Nr. 4.2 (11) Satz 2 TRGS 510.
9
Nr. 4.2 (12) Satz 2 TRGS 510.
10
Nrn. 4.1 (4), 12.1 (3) TRGS 510.
11
Zuletzt Anhang L TRbF 20.
12
Anhang-1 Nr. A.1.2 (5) TRGS 510.
13
Anhang-1 Nr. A.1.2 (4) TRGS 510.
14
Anhang-1 Nr. A.1.2 (2) TRGS 510.
15
Anhang-1 Nr. A.1.2 (3) TRGS 510.
16
Anhang-1 Nr. A.1.2 (8) TRGS 510.
17
Anhang-1 Nr. A.1.3.2 (3) TRGS 510.
18
Anlage-4 Nr. 2.11.2b) DGUV Regel 113-001.
19
Nr. 5.2.1 DIN EN 14470-2.
20
Nr. 4.2 (1) TRGS 510.
21
§ 7 (2) Satz 3 GefStoffV.
22
§§ 7 (2) Satz 4, 6 (8) Satz 1 Nr. 5 GefStoffV.
23
§ 8 (6) GefStoffV.
 

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