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05014 Regelwerkkataster und Regelwerkverfolgung

Der nachfolgende Beitrag erläutert die Anforderungen zur Erstellung und Pflege eines Regelwerkkatasters.
von:

1 Einführung

Die Anforderungen bezüglich rechtlicher Verpflichtungen und anderer Anforderungen sind hinreichend bekannt aus der DIN EN ISO 14001. In Ziffer 6.1.3 wird normiert:
DIN EN ISO 14001
„Die Organisation muss
a)
die mit ihren Umweltaspekten zusammenhängenden bindenden Verpflichtungen bestimmen und auf sie zugreifen können;
b)
bestimmen, wie diese bindenden Verpflichtungen auf die Organisation anwendbar sind;
c)
diesen bindenden Verpflichtungen bei Aufbau, Verwirklichung, Aufrechterhaltung und fortlaufender Verbesserung ihres Umweltmanagementsystems Rechnung tragen.
Die Organisation muss dokumentierte Information ihrer bindenden Verpflichtungen aufrechterhalten.” [1]
In der Anleitung zur Norm wird in Ziffer A.6.1.3 „Bindende Verpflichtungen” wie folgt aufgelistet:
„Bindende rechtliche Verpflichtungen in Verbindung mit den Umweltaspekten einer Organisation können sein, sofern zutreffend:
a)
Anforderungen von staatlichen Institutionen oder anderen relevanten Behörden;
b)
Internationale, nationale und lokale Gesetze und Vorschriften;
c)
In Genehmigungsbescheiden festgelegte Anforderungen, Zulassungen oder andere Arten von Erlaubnissen;
d)
Weisungen, Regeln oder Anleitungen von Aufsichtsbehörden;
e)
Urteile von Gerichten oder Verwaltungsgerichten.
Ähnliche Anforderungen stellen auch die DIN ISO 45001 sowie die DIN EN ISO 50001:2018.
Die DIN ISO 45001 normiert in Ziffer 6.1.3 Anforderungen wie folgt:
„Die Organisation muss Prozesse festlegen, umsetzen und aufrechterhalten, um:
a)
aktuelle rechtliche Verpflichtungen und andere Anforderungen, die bezogen auf ihre Gefährdungen, SGA-Risiken und ihr SGA-Managementsystem gelten, zu bestimmen und auf diese zugreifen zu können;
b)
zu bestimmen, wie diese rechtlichen Verpflichtungen und anderen Anforderungen auf die Organisation angewendet werden und was erforderlich ist kommuniziert zu werden;
c)
diesen rechtlichen Verpflichtungen und anderen Anforderungen Rechnung zu tragen, wenn sie ihr SGA-Managementsystem festlegt, verwirklicht, aufrechterhält und fortlaufend verbessert.
Die Organisation muss dokumentierte Information über ihre rechtlichen Verpflichtungen und anderen Anforderungen aufrechterhalten und aufbewahren und muss sicherstellen, dass diese aktualisiert wird, um jede Änderung widerzuspiegeln.” [2]
Die DIN EN ISO 50001:2018 normiert in Ziffer 4.2 die Anforderungen wie folgt:
„Die Organisation muss:
sicherstellen, dass sie Zugang zu den geltenden rechtlichen Anforderungen und anderen Anforderungen bezüglich ihrer Energieeffizienz, ihres Energieeinsatzes und Energieverbrauchs hat;
bestimmen, wie diese Anforderungen auf ihre Energieeffizienz, ihren Energieeinsatz und Energieverbrauch anzuwenden sind;
sicherstellen, dass diesen Anforderungen Rechnung getragen wird;
ihre rechtlichen Anforderungen und anderen Anforderungen in festgelegten Abständen überprüfen.” [3]
Wie diese Anforderungen umzusetzen sind, enthalten alle drei Normen indes nicht.
Häufige Lösung: Regelwerkkataster
Inzwischen wohl gängige Praxis ist die Erstellung eines sogenannten „Regelwerkkatasters”. In diesem Regelwerkkataster sollten alle für das Unternehmen relevanten Rechtsvorschriften aufgeführt sein. Neben der Auflistung der relevanten Rechtsvorschriften sollte zudem ein sogenanntes „Genehmigungskataster” vorhanden sein, in dem die vorhandenen Genehmigungen aufgelistet sind, da sich rechtliche Verpflichtungen nicht nur aus Rechtsvorschriften, sondern ganz konkret auch aus den Genehmigungsbescheiden ableiten lassen.
Genauere Anforderungen an die Leistungsfähigkeit eines solchen Regelwerkkatasters werden in der Norm nicht beschrieben. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit dieser Thematik.

2 Das Regelwerkkataster

Ermittlung relevanter Rechtsvorschriften
Legal Compliance verstanden als Einhaltung aller für das Unternehmen relevanten Rechtsvorschriften setzt zunächst voraus, dass diese Gesetze dem Unternehmen bekannt sind. Am Anfang steht also die Ermittlung aller für das Unternehmen relevanten Rechtsvorschriften. Da das Umweltrecht u. a. ein anlagen- und stoffbezogenes Recht ist, bilden auch der jeweilige Anlagenbestand sowie die im Unternehmen vorhandenen Stoffe die maßgebliche Grundlage dafür, ob eine Rechtsvorschrift zur Anwendung kommt oder nicht. Um die Unternehmensrelevanz von Rechtsvorschriften beurteilen zu können, müssen neben der Kenntnis des Anwendungsbereichs einer Vorschrift auch die Unternehmensprozesse bekannt sein. Daneben spielen auch die einzelnen Standorte des Unternehmens eine wichtige Rolle, denn diese entscheiden darüber, welches Landesrecht bzw. welche kommunalen Vorschriften zur Anwendung kommen.
Aufgrund der Gesetzesverweisungen ist neben den gesetzlichen Vorschriften ebenso das technische Regelwerk zu berücksichtigen.
Beispiel
Fest steht, dass einige Beschäftigte im Unternehmen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben. Das bedeutet, dass nicht nur das Chemikaliengesetz und die Gefahrstoffverordnung in das Regelwerkkataster aufzunehmen sind, sondern auch das Technische Regelwerk zur Gefahrstoffverordnung, die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS). Die TRGS geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder.
Der Arbeitgeber hat gemäß § 7 Absatz 2 Satz 2 GefStoffV die nach § 20 Absatz 4 GefStoffV vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Bei Einhaltung dieser Regeln und Erkenntnisse ist in der Regel davon auszugehen, dass die Anforderungen dieser Verordnung erfüllt sind (§ 7 Abs. 2 Satz 3).
Auf Basis dieser Erkenntnisse ist das Regelwerkkataster zu erstellen. Das Kataster sollte die genaue Bezeichnung der Rechtsvorschriften enthalten.
Formulierungsbeispiel
„Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge – Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG).”
Aktualisierungsdatum
Um die Aktualität der jeweiligen Vorschrift erkennen zu können, sollte neben der Fassung des Gesetzes auch das letzte Aktualisierungsdatum erkennbar sein.
Beispiel: „BImSchG, Fassung vom 17. Mai 2013, zuletzt geändert am 19.06.2020”
Die Wichtigkeit dieser Daten hängt mit der Verfolgung der Regelwerkänderungen zusammen. Ist einmal ein Regelwerkkataster erstellt, fängt die eigentliche Arbeit erst an.
Kataster immer aktuell halten
Jede gesetzliche Änderung ist auf ihre Auswirkungen auf das Unternehmen hin zu überprüfen. Ob sich eine Rechtsvorschrift geändert hat, ist den einschlägigen Verkündigungsblättern zu entnehmen, so z. B. dem Bundesgesetzblatt. Dies ist angesichts der zunehmenden Komplexität der rechtlichen Anforderungen und der sich ständig ändernden Rechtslage ein nicht zu unterschätzender Aufwand. Allein die Europäische Union erlässt täglich mehrere Verordnungen, Richtlinien usw. Wöchentlich erscheinen mehrere Bundesgesetzblätter, in denen Gesetze und Verordnungen geändert und Neufassungen sowie Neuregelungen bekannt gegeben werden. Hinzu kommen die Veröffentlichungsblätter der Länder. Man stelle sich nur vor, ein Unternehmen hätte in allen 16 Bundesländern Standorte. Der Aufwand ist immens. Doch die Arbeit muss getan werden, entweder durch eigene Mitarbeiter oder durch externe Dienstleister. Selbstverständlich müssen diese Dienstleister fachlich qualifiziert sein.
Umsetzung von Regelwerkänderungen
Wird eine Änderung identifiziert, ist zunächst das Datum im Regelwerkkataster entsprechend anzupassen. Sodann ist die jeweilige Änderung inhaltlich zu bewerten. Die Bewertung bezieht sich auf die Relevanz für das Unternehmen. Wird eine Änderung als relevant eingestuft, ist zu prüfen, ob möglicherweise innerbetriebliche Vorgehensweisen (z. B. Prüffristen, Prüfumfang, Meldepflichten) davon betroffen sind. Ist dies der Fall, sind die Vorgehensweisen entsprechend der aktuellen Rechtsvorschrift anzupassen. Das setzt jedoch voraus, dass die von der Regelwerkänderung betroffenen Bereiche im Unternehmen entsprechend informiert worden sind. Regelwerkänderungen sind also im Unternehmen zu kommunizieren. Nur so kann sichergestellt werden, dass gesetzliche Anforderungen unverzüglich in betriebliche Prozesse umgesetzt werden.

3 Bewertung der Einhaltung von Rechtsvorschriften

Vor dem Hintergrund der haftungsrechtlichen Risiken, des Risikos strafrechtlicher Sanktionen und des damit einhergehenden Imageverlusts des Unternehmens muss wohl grundsätzlich nicht auf die Wichtigkeit der Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften eingegangen werden.

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