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03501 Nachhaltige öffentliche Beschaffung und der Kompass Nachhaltigkeit

Der Kompass Nachhaltigkeit ist ein umfangreiches und kontinuierlich gepflegtes Internetportal, das öffentlichen Beschaffungsverantwortlichen dabei hilft, nachhaltig einzukaufen. Die Internetplattform ist ein Kooperationsprojekt von Engagement Global mit ihrer Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) und der GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Dieser Beitrag stellt die wichtigsten Funktionen des Kompass Nachhaltigkeit mit seinem Tool Gütezeichenfinder vor.
von:

1 Einleitung

Von Bleistiften über Dienstkleidung bis hin zu Omnibussen: Jährlich vergibt die öffentliche Hand in Deutschland Aufträge in Höhe eines dreistelligen Milliardenbetrags für Güter und Dienstleistungen. In manchen Sektoren ist der Marktanteil der öffentlichen Hand besonders groß: Ungefähr 15 Prozent aller Holz- und Papierprodukte in Europa und etwa zehn Prozent aller IT-Produkte in Deutschland werden durch öffentliche Stellen eingekauft [1] [2]. Mit der Kraft seiner Nachfrage kann der öffentliche Sektor also Einfluss auf vorherrschende Produktionsbedingungen und Marktstrukturen nehmen.
Politisches Ziel
Die Politik erkennt die öffentliche Beschaffung verstärkt als Hebel, um strategische Ziele zu erreichen. Dies spiegelt sich auch in den politischen Prozessen und der Gesetzgebung wider: Galten Nachhaltigkeitsanforderungen bis 2004 rein rechtlich als vergabefremd, finden sich heute in nahezu allen Rechtsgrundlagen auf Ebene des Bundes und der Länder Verweise auf die Möglichkeit, soziale und ökologische Kriterien im Einkauf zu berücksichtigen. Auch das Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit der Bundesregierung fordert die Ausrichtung der öffentlichen Beschaffung am Leitprinzip der nachhaltigen Entwicklung und definiert umfassende Aktivitäten. Mit dem Vergabetransformationspaket möchte die Bundesregierung künftig Vergabeverfahren vereinfachen, digitalisieren und die öffentliche Beschaffung wirtschaftlich, sozial, ökologisch sowie innovativ ausrichten [3].

2 Herausforderungen in der Praxis

Kostenfaktor
Doch die nachhaltige öffentliche Beschaffung ist kein Selbstläufer. In der Praxis stehen Beschaffungsverantwortliche weiterhin vor großen Herausforderungen. Der Finanzdruck öffentlicher Einrichtungen und die damit einhergehende Preissensitivität führen oft noch zu Vergaben, die ausschließlich nach dem Preis entschieden werden. Dabei bleibt vielfach außen vor, dass sich gerade in Bezug auf Energie- und Ressourceneffizienz höhere Investitionskosten durch Einsparungen an anderer Stelle amortisieren.
Faktoren Zeit und Know-how
Auch die Komplexität des Themas „Nachhaltigkeit” ist eine Herausforderung. Insbesondere in kleinen Einrichtungen, in denen die Beschaffung in Zweit- oder Drittfunktion geschieht, bleibt nicht ausreichend Zeit, sich intensiv mit den Herstellungsprozessen einzelner Produkte sowie deren sozialen und ökologischen Auswirkungen auseinanderzusetzen. Zudem besteht trotz vermehrter Bemühungen des Gesetzgebers weiterhin große Unsicherheit, in welcher Form Nachhaltigkeitskriterien vergaberechtskonform eingefordert werden können. Rechtliche Grundlagen lassen in dieser Hinsicht oftmals großen Interpretationsspielraum. Die Fragmentierung der Vorgaben von Bund, Ländern und Kommunen macht es den Einkäufern und Einkäuferinnen darüber hinaus schwer, den Überblick zu behalten.

3 Praktische Hilfestellung: der Kompass Nachhaltigkeit

Vor diesem Hintergrund bietet das Internetportal „www.kompass-nachhaltigkeit.de” öffentlichen Beschaffungsverantwortlichen praxisrelevante Informationen. Sie helfen, den Einkauf nachhaltiger zu gestalten. Der Kompass bietet Praxisbeispiele (Ausschreibungen, Leitfäden, Dienstanweisungen), Listen potenzieller Anbieter zertifizierter Produkte, Grundlagenwissen zu nachhaltiger Beschaffung und zu Nachweisen sowie Risiken in den Lieferketten. Er zeigt Praktikern auf, wie sie Nachhaltigkeitsaspekte in den Beschaffungsprozess integrieren können. Produktgruppenspezifische Informationen geben eine Übersicht, welche sozialen und ökologischen Herausforderungen in verschiedenen Sektoren besonders groß sind. Zudem gibt es ein spezielles Angebot für kommunale Beschaffende, das umfangreich dokumentierte Beispiele anderer Kommunen bereithält. Mithilfe des Log-in-Bereichs Mein Kompass können sie Beschaffungsstrategien entwickeln und nachhaltige Vergaben auswerten.
Abb. 1: Startseite „Kompass Nachhaltigkeit”
Der Kompass Nachhaltigkeit bietet umfassende Informationen zur nachhaltigen Beschaffung. Zum einen zeigt er eine Vielzahl von Praxisbeispielen, bei denen Ausschreibungsunterlagen teils sehr umfangreich hinterlegt sind. Zum anderen klärt er zu den Thema Nachweismöglichkeiten und Risiken in den Lieferketten umfassend auf und bietet (rechtliches) Grundlagenwissen. Das sog. Vergabetool führt Beschaffende Schritt für Schritt durch den Vergabeprozess und stellt dabei die für die Integration von Nachhaltigkeitskriterien relevanten Fragen. Der Gütezeichenfinder zeigt auf, wie sich bestimmte Gütezeichen und Siegel im öffentlichen Einkauf nutzen lassen. Denn Zeichen wie zum Beispiel Fairtrade, der Blaue Engel oder GOTS sind wichtige Wegweiser, um nachhaltigere Produkte zu erkennen. Sie reduzieren Komplexität, sind aber nicht immer selbsterklärend. Wer steckt hinter einem Siegel und welche Aspekte deckt es ab? Wie glaubwürdig ist es und wer kontrolliert, dass die Anforderungen auch wirklich eingehalten werden? Diese Fragen sind für öffentliche Beschaffungsverantwortliche relevant. Der Gütezeichenfinder gibt Antworten.
Vergaberechtsreform 2016
Mit der Umsetzung der Vergaberechtsreform im Frühjahr 2016 gewinnt das Thema weiter an Relevanz. Soziale und umweltbezogene Aspekte sind seither als Grundsätze der Vergabe anerkannt und es wurde die Möglichkeit geschaffen, Gütezeichen unter bestimmten Voraussetzungen direkt einzufordern.
So funktioniert der Gütezeichenfinder
Durch die Gesetzgebung ergibt sich ein größerer Bedarf seitens der Beschaffungsverantwortlichen, Gütezeichen zu analysieren. Hierbei hilft Ihnen der Gütezeichenfinder, der in den Kompass Nachhaltigkeit eingebettet ist. Über eine Suchfunktion können Einkäufer und Einkäuferinnen nach einem zu beschaffenden Produkt suchen – bspw. „Arbeitsbekleidung” (s. Abb. 3). Sie können daraufhin per Suchfilter auswählen, welche gesetzlichen Grundlagen (Bund oder Land) für den Beschaffungsvorgang maßgeblich sind. Zudem können weitere Suchfilter angewählt werden, um die Gütezeichen gezielt zu analysieren. Dazu gehören thematische Suchfilter aus den Dimensionen Glaubwürdigkeit, Umweltfreundlichkeit oder Sozialverträglichkeit wie bspw. die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen. Das Analysetool zeigt an, welche Gütezeichen der Auswahl entsprechen. Detaillierte Informationen lassen sich der Einzel- oder der Vergleichsansicht von Gütezeichen entnehmen. Außerdem erscheint eine Auswahl von Bietern, die das gesuchte Produkt mit den entsprechenden Gütezeichen führen.
Abb. 2: Screenshot Gütezeichenfinder, Suchanfrage „Arbeitsbekleidung”
Gütezeichenfinder
Um das Analyseinstrument so praxisnah wie möglich zu gestalten, wurde der Gütezeichenfinder gemeinsam mit Beschaffungsverantwortlichen entwickelt. Die größte Informationsvielfalt finden Sie zunächst in der Produktgruppe Bekleidung & Textilien. Daneben gibt es noch Informationen zu den Produktgruppen Leder & Lederprodukte, Mobiltelefone, Computer, Naturstein, Papier sowie Wasch- & Reinigungsmittel.
Die Abbildungen 2, 3 und 4 illustrieren die Funktionalität des Kompasses Nachhaltigkeit.

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