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07208 Umweltproduktdeklarationen – Environmental Product Declarations (EPDs)

Eine Umweltproduktdeklaration (engl. Environmental Product Declaration, EPD) umfasst eine von unabhängiger Seite geprüfte Zusammenfassung der Umweltauswirkungen eines Produkts während seines gesamten Lebenszyklus, die mithilfe einer Ökobilanz (engl. Life Cycle Assessment, LCA) berechnet wird. Sie dokumentiert also transparent das Umweltprofil eines Produkts, ist aber kein Nachweis oder Label dafür, dass es sich um ein besonders umweltfreundliches Produkt handeln muss. In diesem Beitrag werden Begriff, Arten und Regelungen zu EPDs erläutert, die Methodik der Ökobilanz erklärt und das Vorgehen zur Erstellung von EPDs beschrieben. Am Ende wird dargestellt, wie EPDs von Unternehmen genutzt werden können, um Kunden zu informieren und die eigenen Produkte weiterzuentwickeln.
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1 Einleitung

In Industrie und Wirtschaft bestimmen die Themen Klimawandel, Ressourcenverbrauch und Nachhaltigkeit immer häufiger auch Investitions- und Beschaffungsentscheidungen. Unternehmen benötigen dafür geeignete Kommunikationsinstrumente, um Kunden, Planern und Geschäftspartnern Informationen zu Umweltauswirkungen ihrer Produkte transparent bereitzustellen und damit die Entscheidungsfindung zu unterstützen.
Lebensweggedanke
Umweltproduktdeklarationen (engl. Environmental Product Declarations, EPDs) sind solche Kommunikationsinstrumente. EPDs nutzen die Ökobilanzmethodik (engl. Life Cycle Assessment, LCA), um die Umweltauswirkungen eines Produkts während seiner gesamten Lebensdauer zu quantifizieren. Im Sinne des Lebensweggedankens werden die Umweltauswirkungen aus Rohstoffbeschaffung, Herstellung und Transportprozessen während der Nutzung und bei der Entsorgung bzw. beim Recycling berücksichtigt.
Kein Siegel für geringe Umweltauswirkungen
In der Regel werden EPDs von Dritten überprüft. EPDs basieren auf internationalen Normen und branchen- oder produktspezifischen Regelungen, sodass eine objektive, glaubwürdige und neutrale Einschätzung der Umweltauswirkungen möglich ist und Grünfärberei (engl. Greenwashing) verhindert wird. Wenn sich Hersteller von Produkten dafür entscheiden, EPDs zu erstellen, bedeutet das allerdings nicht automatisch, dass die Umweltauswirkungen gering sind, sondern dass sich der Hersteller verpflichtet, das Umweltprofil zu ermitteln und in einem zugänglichen Format transparent darzulegen.
Dieser Beitrag liefert einen Überblick zum Thema EPD. Es wird zunächst erläutert, was EPDs genau sind, welche verschiedenen Arten und Regelungen es gibt. Anschließend wird vertiefend die Methodik der Ökobilanz erklärt und dann die einzelnen Schritte zur Erstellung von EPDs beschrieben. Am Ende wird dargestellt, wie EPDs von Unternehmen genutzt werden können, um Kunden zu informieren und die eigenen Produkte weiterzuentwickeln.

2 Was sind und wozu dienen EPDs?

Eine Umweltproduktdeklaration (engl. Environmental Product Declaration, EPD) bietet eine von unabhängiger Seite geprüfte Zusammenfassung der Umweltauswirkungen eines Produkts während seines gesamten Lebenszyklus, die mithilfe einer Ökobilanz (engl. Life Cycle Assessment, LCA) berechnet wird. Mit Ökobilanzen können die potenziellen Umweltauswirkungen eines Produkts über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg dargestellt und bewertet werden (s. Abschn. 3). Dabei werden alle Schritte berücksichtigt, die von der Materialgewinnung über die Herstellung des Produkts bis zum Ende des Lebenszyklus führen.
Manchmal wird angenommen, dass es sich bei EPDs um Labels handelt, die implizieren, dass ein Produkt besonders umweltfreundlich ist. Dem ist allerdings nicht so. Bei EPDs handelt es sich streng genommen um eine sogenannte Typ-III-Umweltdeklaration, d. h. um quantifizierte Informationen basierend auf Ökobilanzen, die von einer unabhängigen Stelle überprüft werden. In der folgenden Tabelle sind unterschiedliche Formen von Umweltdeklarationen beschrieben, die in der Normenfamilie ISO 14020 ff. geregelt werden (s.  Tab. 1).
Tabelle 1: Übersicht zu unterschiedlichen Formen von Umweltkennzeichnungen [1] [2]
EPDs sollen Produktvergleiche erlauben, aber in einer EPD selbst werden keine bewertenden Aussagen oder Vergleiche – im Sinne von Produkt A ist ökologisch besser oder schlechter als Produkt B – angestellt.
Zielsetzung
Es geht also bei EPDs nicht um direkte Produktvergleiche oder um Umweltlabels, sondern vorwiegend um eine belastbare Kommunikation von Umweltauswirkungen mit den folgenden drei Zielstellungen:
1.
Unterstützung von umweltfreundlichen Kaufentscheidungen, vorwiegend im Rahmen einer nachhaltigen Beschaffung unter B2B-Kunden
2.
Verbesserung der Umweltleistung von Produkten, indem „Hotspots” erkannt werden, und Ermöglichung von Benchmarks mit Wettbewerbern
3.
Erfüllung von Kundenanforderungen (z. B. im Zusammenhang mit Gebäudezertifizierungen o. ä.)
Verschiedene EPD-Arten
Es gibt unterschiedliche Arten von EPDs, je nachdem, wie viele Produkte einbezogen werden und wie die Ergebnisse aggregiert werden, ob dabei ein Mittelwert oder Worst-Case-Ansatz verfolgt wird (s. Abb. 1). Vergleichbare Produkte können beispielsweise zusammengefasst werden, um branchenbezogene Durchschnitts-EPDs zu erstellen (z. B. die EPD mit der Deklarationsnummer EPD-VDP-20150263-IBG1-DE zu Parkettböden, die von den Mitgliedern des Verbands der Deutschen Parkettindustrie e. V. (vdp) erstellt wurde). Logischerweise weisen spezifische EPDs, die für ein bestimmtes Produkt erstellt wurden, in aller Regel auch die beste Datenqualität auf.
Abb. 1: Übersicht zur verschiedenen EPD-Arten (Darstellung nach [1])
Die Besonderheit von EPDs liegt darin, dass sie auf Ökobilanzen basieren. Auf die methodischen Hintergründe wird im folgenden Abschnitt 3 kurz eingegangen.

3 Exkurs zur Methodik der Ökobilanz

Ökobilanzen (engl. Life Cycle Assessments, LCA) sind die Standardmethode für die Bewertung von potenziellen Umweltauswirkungen von Produkten über deren Lebensweg. Die Vorgehensweise für LCAs wird durch die ISO 14040/44 standardisiert und erlaubt dadurch eine breite Anwendung für die ökologische Produktbewertung. Die typischen Phasen von Ökobilanzen sind in der folgenden Abbildung zusammengefasst (s. Abb. 2).
Abb. 2: Phasen der Ökobilanz nach ISO 14040/44:2006

3.1 Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens

In Ökobilanzen wird möglichst der gesamte Lebensweg eines Produkts berücksichtigt, d. h. alle Prozesse, die zur Produktherstellung nötig sind, werden in die Bilanzierung einbezogen. Das bedeutet, dass die Entnahme von Rohstoffen, Transportprozesse und die Herstellung selbst („Cradle-to-gate”) und auch die Transporte zum Point of Sale, die Umweltauswirkungen während der Nutzungsphase sowie die Sammlung, Demontage, das Recycling bzw. die Entsorgung („Cradle-to-grave”) über Stoff- und Energieflussmodelle zusammengefasst werden. Für EPDs im Bausektor (nach DIN EN 15804) werden die Lebenswegabschnitte als Informationsmodule bezeichnet und entsprechend der Darstellung in Tabelle 2 mit Buchstaben benannt.
Tabelle 2: Übersicht zu Lebenswegphasen nach DIN EN 15804:2022
Herstellungsphase
A1
Rohstoffbereitstellung
A2
Transporte zum Standort
A3
Herstellungsprozesse am Standort
A4
Transporte zur Baustelle
A5
Bau/Einbau
Nutzungsphase
B1
Nutzungsphase
B2
Inspektion/Wartung
B3
Reparatur
B4
Austausch/Ersatz
B5
Verbesserung/Modernisierung
B6
Betrieblicher Energieeinsatz
B7
Betrieblicher Wassereinsatz
Entsorgungsphase
C1
Rückbau, Abriss
C2
Transport
C3
Abfallbehandlung
C4
Deponierung
Vorteile und Belastungen außerhalb der Systemgrenzen
D
Wiederverwendungs-, Rückgewinnungs- und Recylingpotenzial
Um den Aufwand für die Erstellung der Ökobilanzen und der EPDs im Rahmen zu halten, können einzelne Lebenswegabschnitte (bzw. Informationsmodule) ausgelassen werden. Folgende Arten von Systemgrenzen sind beispielsweise für den Bausektor (DIN EN 15804:2022) möglich:
Cradle-to-gate (A1–A3)
Cradle-to-gate (A1–A3), optional mit Bauphase (A4, A5)
Cradle-to-gate (A1–A3), ohne Nutzungsphase aber optional mit Entsorgung (C1–C4) und Recycling (D)
Ein vollständiges Bild kann aber nur erhalten werden, wenn auch die Nutzungsszenarien einbezogen werden können:
Cradle-to-grave (A1–A5, B1–B7, C1–C4 und D)
Einzelne Prozesse „abschneiden”
Es kann notwendig werden, einzelne Prozesse oder Materialien „abzuschneiden”, d. h. nicht in der Ökobilanz zu berücksichtigen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Aufwand zur Datenbeschaffung als zu hoch erachtet wird oder wenn keine Daten in ausreichender Qualität, auch nicht durch Äquivalenzschlüsse oder Expertenurteile, vorliegen. Dafür werden Abschneidekriterien (Cut-off criteria) verwendet, die den prozentualen Anteil an Gesamtmasse oder Gesamtenergieverbrauch sowie die Umweltrelevanz berücksichtigen.

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